Fördern mit Wirkung
Geht doch: Über die Kunst des effektiven Geldgebens
Viele Förder*innen legten lange Zeit lediglich Wert darauf, dass ihr Geld sozialen Zwecken zugute kam. Was mit dem Geld tatsächlich geschah, welche Wirkung der Einsatz erzielte, schien nachrangig.
Diese Scheckbuch-Philanthropie ist über die Jahre einem modernen Verständnis des Stiftens gewichen: Fördermittel sollen nicht mehr nur irgendwie eingesetzt werden, sondern dabei auch gesellschaftliche Wirkungen erzielen, und zwar solche, die sich nachweisen und belegen lassen.
Doch die Frage, wie sich Mittel möglichst effektiv einsetzen lassen, überfordert Förder*innen, Stifter*innen und Organisationen gleichermaßen. Dies umso mehr, da in der Diskussion auch überzogene Erwartungen hinsichtlich Wirkung und Wirkungsmessung laut werden. Diese möchten wir an dieser Stelle einfangen.
1. Irrtum: Wirksam Fördern ist eine reine Vernunftentscheidung
In der zunehmend medial geführten Debatte über effektive Fördermittelvergabe gehen manche Stimmen soweit, Emotionen bei der Förderentscheidung gänzlich zu verteufeln. Das ist natürlich stark übertrieben.
Effektivität und persönliche Vorlieben schließen sich keineswegs aus, im Idealfall sind beide eng miteinander verknüpft. Genauso wenig, wie es reicht, dass es einem beim Spenden so schön warm ums Herz wird, wird es sozialen Projekten gerecht, sie ausschließlich anhand von Kennzahlen zu bewerten.
Daher: Förderentscheidungen sollten gemeinsam mit Herz und Verstand getroffen werden.
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2. Irrtum: Der Nutzen allein bestimmt die Förderentscheidung
Natürlich: Wer Gutes bewirken will, sollte seine Förderentscheidung auch danach treffen, ob und wem das Projekt tatsächlich nützt. Eine Förderentscheidung, die auf eine bestimmte oder gar definierte Wirkung für Mensch und Natur abzielt, ist einer, die allein aus guter Absicht heraus getroffen wird, immer überlegen.
Insofern ist bei der Förderentscheidung relevant, ob und wie sich der Nutzen des Projekts ermitteln lässt:
- Welche gesellschaftlichen, sozialen etc. Wirkungen erzielt das Projekt, welche nicht?
- Was trägt dazu bei, diese Wirkungen zu erreichen?
Keineswegs sollen und müssen sämtliche Förderentscheidungen durch reine Nutzen-Erwägungen definiert sein; das wäre das Ende von Kunst und Kultur. Allerdings sollten Sie als Förder*in den Nutzen nie aus den Augen verlieren.
3. Irrtum: Wirkung lässt sich am besten in Zahlen ausdrücken
Wer seine Förderentscheidung vom sozialen Nutzen des Projekts abhängig macht, braucht dafür Wirkungsbelege. In der Folge werden Organisationen zunehmend mit dem Wunsch nach messbaren Resultaten konfrontiert.
Obgleich dieser Trend zu begrüßen ist, dürfen Zahlen oder monetäre Werte nicht der einzige Maßstab dafür sein, ob eine Förderung bewilligt wird oder nicht. Wenn Sie nach Arbeits- und Wirkungsbelegen fragen, setzen Sie besser auf eine gesunde Mischung aus quantitativen und qualitativen Ergebnissen. Der Wert guter Projektarbeit lässt sich auch erkennen, wenn ihr kein Preisschild umhängt!
4. Irrtum: Eine Förderung sollte immer höchstmögliche Effektivität erreichen wollen
Eine vielfach gehörtes, überspitztes Motto geht so: Um viel zu bewegen, braucht es ein Maximum an Effektivität. Also werden vor der Förderentscheidung Statistiken, Studien und Benchmarks herangezogen, was durchaus richtig sein kann, weil sie verhindern, dass Förderkonzepte aus dem Bauch heraus entstehen.
Allerdings sollte man nicht dem Irrtum verfallen, dass Statistiken und Benchmarks alles erklären. Sie liefern lediglich Anhaltspunkte; die Wirkung ergibt sich stets aus dem einzelnen Projekt.
Dasselbe gilt, wenn Projekte an Wirkungszielen ausgerichtet und hernach bewertet werden. So wichtig das ist: Als Förder*in tun Sie gut daran, wenn Ihr Förderprogramm nicht bis ins Letzte durchrationalisiert ist. Wirkungsorientierung ist mehr als ein bloßes Preis-Leistung-Verhältnis. Siehe Irrtum 3.
5. Irrtum: Eine Projektförderung muss gesellschaftliche Veränderungen anstreben
Vielen Förder*innen ist es zu wenig, nur die Lebenslage einzelner bedürftiger Personen vor Ort zu verbessern. Es müsse doch mehr drin sein, am besten eine gesamtgesellschaftliche Wirkung!
Nun ist die Vision, etwas am großen Ganzen ändern zu wollen, unbedingt erstrebenswert. Allerdings werden Entwicklungen auf gesellschaftlicher Ebene von vielen Faktoren beeinflusst. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Projekt und Impact lässt sich häufig nur schwer und oft auch gar nicht nachweisen. Überdies stellen sich gesellschaftliche Wirkungen meistens auch erst nach erheblicher Zeit ein – Jahren oder Jahrzehnten. Insofern ist es ratsam, wenn Sie Ihre Ansprüche an die Wirkungsreichweite nicht zu hoch zu schrauben.
6. Irrtum: Nur das wirkungsvollste Projekt ist förderungswürdig
Natürlich sollte die Frage, welche Wirkung ein Projekt voraussichtlich erzielen wird, maßgebend sein bei der Förderentscheidung. Sie sollten allerdings vermeiden, dass sich daraus ein „Wirksamkeits-Wettbewerb” entspinnt.
Es ist müßig, ewig darüber zu grübeln, ob ein anderes Projekt mit derselben Fördersumme vielleicht noch mehr erreichen kann. So ein Projekt wird es mit Sicherheit irgendwo geben, und sehr wahrscheinlich werden Sie es nie finden.
Entscheidend ist vielmehr die Einsicht, dass es neben dem allerbesten noch viele andere sehr gute Projektansätze gibt. Das heißt: Versichern Sie sich, dass Ihr Projekt das Potenzial hat, die angestrebten Veränderungen herbeizuführen – es muss dabei aber keinen Rekord aufstellen und alle anderen abhängen!
7. Irrtum: Förderlücken schließen hat Vorrang
Viele Förder*innen suchen gezielt nach Engagementfeldern, in denen sie Förderlücken vermuten. Das ist grundsätzlich ein sinnvoller Ansatz, sofern er verhindert, dass sich Fördermaßnahmen in einer Region überschneiden oder sogar eine Über-Förderung entsteht.
Aber: Förder*innen sollten nicht ausschließlich auf die Lücken-Strategie vertrauen. Vielmehr sollten sich Förderentscheidungen aus einem konkreten Bedarf ergeben. Im Ergebnis dieser Bedarfsorientierung kann es wirksamer sein, wenn Sie ein bereits bestehendes Angebot unterstützen, als nach Lücken zu suchen.
8. Irrtum: Eine Anschubfinanzierung muss reichen!
Kein*e Förder*in, der nicht den Wunsch äußert, am liebsten nur eine Anschubfinanzierung leisten zu wollen, und sich hernach anderen Projekten widmen zu wollen. So erfreulich es ist, wenn Sie sich bereit erklären, vielversprechende Projektideen mit auf die Schiene zu hieven, so irrig ist die Vorstellung, dass der Karren dann von allein rollt, denn das tut er nicht.
Ein gutes Projekt braucht vor allem Verstetigung und dauerhafte Förderung. Vermeiden Sie also eine zu starke Fixierung auf Start-ups und Modellprojekte; es ist ebenso lohnend, in die nachhaltige Begleitung wirksamer Projekte zu investieren. Nur durch stetige Zuwendungen können wirksame Projekte richtig Fahrt aufnehmen und Wirkung entfalten.
Fazit
Das Streben nach Wirkung unterliegt keinen Dogmen. Jede*r Förder*in allein bestimmt, wie viel Wirkungsorientierung sie dem Förderprojekt zumuten möchte. Bei vielen Aspekten gibt es kein klares richtig oder falsch – entscheidend ist vielmehr, Fördern als Prozess zu begreifen, der weit über das bloße Geldgeben hinaus reicht. Haben Sie das verinnerlicht, ist der größte Schritt bereits getan!
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