Praxistipp
5 typische Schwachstellen gemeinnütziger Organisationen in Leitung und Aufsicht
In den letzten zehn Jahren haben wir ca. 1.000 gemeinnützige Organisationen jeder Rechtsform und Größe analysiert. Im Bereich der Leitung und Aufsicht gab es immer wieder Schwachstellen. Die Top 5 haben wir aufgeschrieben – nebst Hinweisen, was Sie dagegen tun können.
Schwachstelle: Unklare Kompetenzen
Oftmals sind die Aufgaben und Kompetenzen der Leitungspersonen sowie die Abläufe von Entscheidungsprozessen nicht klar genug geregelt. In vielen Vereinssatzungen wird nur ganz allgemein der Vorstand benannt, allenfalls werden noch Ämter wie 1. oder 2. Vorsitzende*r vergeben, aber eine*n „Schatzmeister*in“ sucht man dann schon vergebens. Häufig hapert es auch an einer Geschäftsordnung, in der Funktionen konkret benannt und voneinander abgegrenzt werden.
Das können Sie tun: Insbesondere Funktionen und Verantwortlichkeiten sollten innerhalb eines mehrköpfigen Leitungsgremiums klar aufgeteilt sowie ausführlich und konkret auf die Gremienmitglieder bezogen beschrieben sein, z.B. durch Aufteilung der Ressorts wie Finanzen, Personal, Öffentlichkeitsarbeit.
Eine klare Kompetenzabgrenzung fördert die Eigenverantwortung und begünstigt eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Gremien einer Organisation. Insbesondere zwischen Leitung und Aufsicht ist eine klare Kompetenzabgrenzung unverzichtbar. Beispielsweise könnten bestimmte Leitungsmaßnahmen in der Satzung verankert werden, die der Zustimmung des Aufsichtsgremiums bedürfen.
Schwachstelle: Personelle Verflechtungen
In jeder Organisation sollten die Leitungs- und Aufsichtsgremien grundsätzlich unabhängig voneinander agieren. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder vor, dass Vorstandsmitglieder in der jährlichen Mitgliederversammlung die Stimmenmehrheit bilden. Hinzu gesellen sich womöglich noch die Stimmen von Mitgliedern, die Angestellte des Vereins sind und somit in finanzieller und rechtlicher Abhängigkeit zu ihnen stehen.
Das können Sie tun: Unabhängige Aufsicht bedeutet, dass zwischen Leitungs- und Aufsichtsorgan keine Personenidentitäten, personellen Verflechtungen oder sonstigen finanziellen bzw. dienstrechtlichen Abhängigkeiten bestehen.
Sollten Vertreter*innen des Aufsichtsorgans in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Leitungspersonen stehen, ist zumindest sicherzustellen, dass die abhängigen Mitglieder das Aufsichtsorgan bei Abstimmungen nicht dominieren, insbesondere sollten sie nicht über eine Stimmenmehrheit verfügen oder die Mehrzahl der persönlich Anwesenden bilden.
Um von Vornherein Interessenkonflikte zu vermeiden, ist eine Satzungsbestimmung sinnvoll, wonach der Vorstand oder hauptberufliche Vereinsmitarbeiter zwar Vereinsmitglied werden können, aber kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung haben, zumindest bei Interessenkonflikten wie z.B. der eigenen Entlastung oder der Wahl eines Aufsichtsgremiums, wie es ohnehin rechtlich vorgeschrieben ist.
Schwachstelle: Unklare Vergütungsregelungen
In aller Regel ist nicht die Höhe der Vorstandsvergütung ein Problem, sondern deren unklare Regelung. Sehr häufig gibt es Vorstände, die eine Vergütung erhalten, ohne dass das in der Satzung vorgesehen ist. Das ist oft dann der Fall, wenn ein Vorstandsmitglied gleichzeitig hauptamtlich oder auf Honorarbasis beim Verein beschäftigt ist.
Das können Sie tun: Vergütungen unbedingt klar regeln und in der Satzung verankern!
Schwachstelle: Fehlende Finanzprüfung
Viel zu selten wird eine fachkundige Prüfung der Finanzen durch eine*n unabhängige*n Abschlussprüfer*in vorgenommen. Zwar ist in vielen Satzungen die Bestellung von Prüfer*innen vorgesehen, diese werden aber nicht gewählt oder bleiben untätig. Die Prüfung sollte – je nach Umfang der Einnahmen einer Organisation – entweder von ehrenamtlichen internen Prüfer*innen („Kassenprüfer*innen“) oder durch eine externe Wirtschaftsprüfung vorgenommen werden.
Das können Sie tun: Eine*n Wirtschaftsprüfer*in zu beauftragen, ist trotz der Kosten bereits bei mittelgroßen Organisationen sinnvoll – eine Orientierungslinie ist ein jährliches Budget von 500.000 Euro. Allerdings sollte die Wirtschaftsprüfer*in den Jahresabschluss auch tatsächlich prüfen, nicht nur erstellen. Bei kleineren Organisationen können ersatzweise Kassenprüfer*innen beauftragt werden, wegen des Vier-Augen-Prinzips am besten zwei.
Jede*r Finanzprüfer*in muss immer von den Leitungspersonen unabhängig sein. Daher ist der Auftrag zur Finanzprüfung nicht durch das Leitungs‑, sondern durch das Aufsichtsgremium zu erteilen.
Für einen Verein beispielsweise bedeutet dies, dass die Mitgliederversammlung als Aufsichtsgremium eine*n Kassenprüfer*in zur Prüfung der Finanzen beauftragt, dieser jedoch nicht vom Vorstand benannt werden darf. Dementsprechend sollte der unterzeichnete Abschluss-/Kassenbericht dem Aufsichtsgremium zur Genehmigung vorgelegt und präsentiert werden, möglichst durch einen persönlichen Bericht von Kassenprüfer*in oder Wirtschaftsprüfer*in.
Schwachstelle: Fehlendes Aufsichtsgremium
Das reguläre gesetzliche Aufsichtsgremium, z.B. die Mitgliederversammlung eines Vereins, erfüllt oft nicht die Voraussetzungen für eine qualifizierte Aufsicht, da es zu selten tagt und kein regelmäßiger Informationsaustausch besteht. In diesen Fällen fehlt ein (der Größe der Organisation angemessenes) zusätzliches Aufsichtsgremium.
Dabei ist ein freiwilliges Aufsichtsgremium besonders sinnvoll …
- für sehr große bzw. schnell wachsende Organisationen,
- für Organisationen mit einem ausschließlich hauptamtlichen Leitungsgremium oder
- für Organisationen, deren reguläres Aufsichtsorgan nicht als unabhängig angesehen werden kann.
Das können Sie tun: Ein Aufsichtsgremium dient nicht nur einer Kontrolle der Leitung, sondern ist auch dazu da, um die Arbeit des Leitungspersonals immer wieder konstruktiv zu hinterfragen und dadurch zu einer Qualitätsentwicklung beizutragen.
Für Organisationen kann es daher sinnvoll sein, zusätzlich zu ihrem regulären, d.h. gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsorgan (z.B. die Mitgliederversammlung), ein freiwilliges Aufsichtsgremium einzurichten (z.B. einen Aufsichtsrat oder Beirat).
Aus Gesprächen wissen wir, dass sogar kleinere und mittlere Organisationen von regelmäßigen Besprechungen mit einem zusätzlichen Aufsichtsgremium profitiert haben, insbesondere bei einem Arbeitsgremium mit kompetenter und fachlich ausgewogener Besetzung. Über einen Beirat etwa lassen sich bestimmte Personen mit nützlichen Qualifikationen und Kontakten oder auch Förderer einbinden. Weitere Nebeneffekte: die Gremienarbeit hilft dabei, den Blick auf das Wesentliche zu lenken – und sie vermittelt Sicherheit.