Wir­kungs­ma­nage­ment in Impact-Startups

Tho­mas Stei­ner ist Exper­te für Impact-Inves­t­ing-Mea­su­re­ment und ‑Manage­ment bei PHI­NEO. Im Inter­view mit phi​neo​.org spricht er über die Bedeu­tung impact-ori­en­tier­ter Start-ups für die sozi­al-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on, über Her­aus­for­de­run­gen sowie Lösun­gen von Impact-Mea­su­re­ment und ‑Manage­ment und über Impact Inves­t­ing als eine inne­re Hal­tung, die die Zukunft gestaltet.

Deutsch­lands Wirt­schaft wird glo­bal gese­hen immer mehr abge­hängt, heißt es. Siehst du das auch so?

Tho­mas Stei­ner: Nein. Wir haben einen ent­schei­den­den Vor­teil gegen­über ande­ren Wirt­schafts­räu­men: Unse­re plu­ra­le, offe­ne und wer­te­ba­sier­te Gesell­schaft, unse­re nor­ma­ti­ven Wer­te. Unter­neh­mens­grün­dun­gen in Deutsch­land sind zwar rück­läu­fig, aber die Ten­denz bei Start-ups ist posi­tiv. Vie­le von ihnen bezeich­nen sich als Social Entre­pre­neurs” oder rech­nen sich der Green Eco­no­my” zu. Nur eine Wirt­schaft, die gesell­schaft­li­che Bedar­fe fokus­siert, ist zukunftsfähig.

Deutsch­land steht vor immensen Her­aus­for­de­run­gen bei der nach­hal­ti­gen Trans­for­ma­ti­on von Wirt­schaft und Gesell­schaft. Wel­che Rol­le spie­len Unter­neh­men dabei?

Tho­mas Stei­ner: Unter­neh­men sind wich­ti­ge Akteu­re der sozi­al-öko­lo­gi­schen Trans­for­ma­ti­on. Als Teil der Gesell­schaft kön­nen und müs­sen sie zur Kli­ma­wen­de und auch zu mehr sozia­ler Gerech­tig­keit bei­tra­gen. Wir brau­chen enkel­taug­li­che, res­sour­cen­scho­nen­de Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und inno­va­ti­ve Pro­duk­te, die die Men­schen und ihre sozia­len Bedürf­nis­se stär­ker berück­sich­ti­gen. Start-ups haben beson­ders gro­ßes Poten­zi­al für die Ent­wick­lung neu­ar­ti­ger, ver­bes­ser­ter Dienst­leis­tun­gen und Pro­duk­te. Sie sind agil und inno­va­tiv, den­ken und arbei­ten nicht in ein­ge­fah­re­nen Strukturen.

Nicht jedes Start-up ist aber ein Game­ch­an­ger und Weltverbesserer …

Tho­mas Stei­ner: Neben den rein ren­di­te­ori­en­tier­ten Start-ups frü­he­rer Jah­re gibt es immer mehr Gründer*innen, die von Anfang an auf posi­ti­ve gesell­schaft­li­che Wir­kung set­zen. Sie tra­gen Impact in der Unter­neh­mens-DNA. Die Erkennt­nis wächst, dass sich wirt­schaft­li­che und sozia­le Ren­di­te nicht aus­schlie­ßen, sogar das Gegen­teil ist der Fall. Wer­te sind ein Wett­be­werbs­vor­teil. Wer nur an eine wirt­schaft­li­che Ren­di­te denkt, sägt sich den Ast ab, auf dem er sitzt. Das gilt für Unter­neh­men wie für die Gesell­schaft im Ganzen.

Was ist ein impac­tor­ti­en­tier­tes Start-up?

  • Das Unter­neh­men ist jün­ger als 10 Jahre.
  • Es ver­folgt das pri­mä­re Ziel, eine oder meh­re­re gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen anzugehen.
  • Es nutzt unter­neh­me­ri­sche Mit­tel und inno­va­ti­ve Ansät­ze (Pro­duk­te, Geschäfts­mo­del­le etc.) zur Lösung der Herausforderungen.
  • Es stellt durch Wir­kungs­ma­nage­ment sicher, dass die Wir­kungs­zie­le lang­fris­tig ver­folgt werden.

Quel­le: Poli­cy Brief 2023 | 06: Wir­kungs­ma­nage­ment in impact-ori­en­tier­ten Start-ups, von Marc Wolin­da, Cor­ne­lia Nyssing, Tho­mas Stei­ner, Ber­tels­mann Stif­tung (Hrsg.)

Was braucht es, damit noch mehr Grün­de­rin­nen und Grün­der von Beginn auf Impact setzen?

Tho­mas Stei­ner: Impac­t­ori­en­tie­rung braucht zunächst mal das ent­spre­chen­de Mind­set. Wir­kung bzw. Impact sind posi­ti­ve Ver­än­de­run­gen im Ver­hal­ten oder in der Lebens­si­tua­ti­on von Men­schen, die muss man wol­len und kon­se­quent ver­fol­gen. Die Zusam­men­hän­ge sind sehr kom­plex, die prak­ti­sche Her­aus­for­de­rung besteht also dar­in, die gewünsch­te Wir­kung sicht­bar und nach­weis­bar zu machen. Wir­kungs­ori­en­tier­te Steue­rung eines Unter­neh­mens basiert also auf Wir­kungs­mes­sung. Die braucht es zum Bei­spiel auch für die Akqui­se von Kapi­tal. Immer mehr Geld­ge­ben­de ach­ten auf die nach­hal­ti­ge Aus­rich­tung von Unter­neh­men und auf ein plau­si­bles Wirkungsmanagement.

Hört sich kom­pli­ziert an. Kön­nen impact-ori­en­tier­te Start-ups das über­haupt leisten?

Tho­mas Stei­ner: Wir­kungs­mes­sung ist sehr kom­plex und auf län­ge­re Zeit­räu­me ange­legt. Es gibt eine Viel­zahl bestehen­der Frame­works und Instru­men­te, zum Bei­spiel die 17 Sus­tainable Deve­lo­p­ment Goals (SDGs) der Ver­ein­ten Natio­nen. Kom­pe­ten­zen zur Wir­kungs­mes­sung brin­gen nur weni­ge Gründer*innen von vorn­her­ein mit und falls doch, sind inter­ne Res­sour­cen begrenzt. Gera­de in der Früh­pha­se der Grün­dung fehlt für das Wir­kungs­ma­nage­ment manch­mal schlicht die Zeit. Die Viel­zahl der Ange­bo­te und die hohe Kom­ple­xi­tät vie­ler Instru­men­te sind wohl ein Grund, dass vie­le Unter­neh­men auf selbst ent­wi­ckel­te Wir­kungs­ma­nage­ment­sys­te­me zurück­grei­fen oder es schlicht lassen.

Impact Mea­su­re­ment für Gründer*innen


Ein neu­es Ange­bot namens IMM­PACT hilft Impact-Gründer*innen und Impact-Investor*innen, ihr vol­les Wir­kungs­po­ten­ti­al zu ent­fal­ten. Wir haben Tho­mas Stei­ner befragt, was es mit dem Ange­bot auf sich hat. 

Wel­che Anfor­de­run­gen stel­len Finanz-Investor*innen, die auf Impact setzen?

Tho­mas Stei­ner: Investor*innen müs­sen ihre eige­ne Ver­ant­wor­tung erken­nen und Impact Inves­t­ing als einen effek­ti­ven Bei­trag für eine nach­hal­ti­ge­re Zukunft begrei­fen. Ohne Daten geht es aber auch dann nicht. Damit Start-ups ihre posi­ti­ve gesell­schaft­li­che Wir­kung erzie­len und auch nach­wei­sen kön­nen, braucht es ein umfas­sen­des Wir­kungs­ma­nage­ment. Dafür ist die Impact-Mes­sung zen­tral. Es macht die Sache aller­dings nicht leich­ter, dass die Anfor­de­run­gen an die Wir­kungs­mes­sung nicht ein­heit­lich gere­gelt sind.

Siehst du die Chan­ce, dass impact-ori­en­tier­te Grün­dun­gen und Impact-Inves­t­ing eines Tages zum Stan­dard werden?

Tho­mas Stei­ner: Impact ist die Wäh­rung der Zukunft, davon bin ich über­zeugt. Um Start-ups das Impact-Mea­su­re­ment und Manage­ment zu erleich­tern, wer­den ein­heit­li­che Imple­men­tie­rungs­pro­zes­se gebraucht. Ein pha­sen­ori­en­tier­tes Modell ist wich­tig, das den Kapa­zi­tä­ten in den ver­schie­de­nen Pha­sen der Unter­neh­mens­grün­dung gerecht wird. Früh­pha­si­ge Start-ups benö­ti­gen sehr schlan­ke Pro­zes­se, in der Wachs­tums­pha­se kön­nen in der Regel mehr Auf­wand für die Wir­kungs­mes­sung und ‑ana­ly­se geleis­tet wer­den. Das Modell muss auch die Anfor­de­run­gen der Impact Investor*innen berück­sich­ti­gen. Impact-Mea­su­re­ment und ‑Manage­ment dient in ers­ter Linie dazu, die eige­nen Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen zu ver­bes­sern, um noch mehr Wir­kung für die Ziel­grup­pen zu ent­fal­ten. Dar­über hin­aus hilft eine gute Daten­ba­sis natür­lich auch, Investor*innen vom eige­nen Geschäfts- und Impact-Modell zu überzeugen.

Tho­mas Stei­ner, Impact-Mea­su­re­ment-Exper­te von PHINEO

Nur eine Wirt­schaft, die gesell­schaft­li­che Bedar­fe fokus­siert, ist zukunftsfähig.”


Ist es damit dann getan?

Tho­mas Stei­ner: Es braucht eine grö­ße­re Trans­pa­renz im Öko­sys­tem und ver­läss­li­che Kri­te­ri­en für eine mög­lichst ein­heit­li­che Impact-Due-Dili­gence-Prü­fung, die die Per­spek­ti­ven der Investor*innen und der Start-ups glei­cher­ma­ßen berück­sich­tigt. Gemein­sam muss ein für bei­de Sei­ten nutz­ba­res und ver­ständ­li­ches Instru­men­ta­ri­um geschaf­fen wer­den. Dazu braucht es regel­mä­ßi­gen, gegen­sei­ti­gen Aus­tausch, zum Bei­spiel auf Fach­kon­fe­ren­zen. Auch bedarfs­ori­en­tier­te, sys­te­ma­ti­sche Aus- und Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bo­te sind wich­tig, am bes­ten im gan­zen DACH-Raum.

Wenn du 10 Jah­re vor­aus­schaust, wo ste­hen wir­kungs­ori­en­tier­te Start-ups und Impact Inves­t­ing dann?

Tho­mas Stei­ner: Wir­kungs­ori­en­tier­te Start-ups sind Trei­ber der nach­hal­ti­gen Trans­for­ma­ti­on. Dabei sind sie auf Investor*innen ange­wie­sen, die jen­seits von mone­tä­rer Ren­di­te­er­war­tun­gen Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung anhand von Wir­kungs­kri­te­ri­en tref­fen und bereit sind, für inno­va­ti­ve jun­ge Unter­neh­men das nöti­ge Risi­ko­ka­pi­tal bereit­stel­len. Wenn bei­de Sei­ten zu einer gemein­sa­men Spra­che und gemein­sam genutz­ten Instru­men­ten kom­men, wer­den impact-ori­en­tier­te Grün­dun­gen und Inves­ti­tio­nen zum Mainstream.

Wenn Sie Fragen haben:

Thomas Steiner

Impact Management
+49 30 520 065 373
thomas.steiner@phineo.org