Group

Jen­seits der Check­lis­te – Ein Blick hin­ter die Kulis­sen des Wirkt-Sie­gels Demokratie

26.06.2025

Das PHI­NEO Wirkt-Sie­gel macht wir­kungs­vol­le Pro­jek­te sicht­bar, bie­tet fach­li­ches Feed­back – und schafft Ori­en­tie­rung für alle, die gezielt för­dern wol­len. Pro­jekt­lei­te­rin Fran­ka Ismer gibt im Inter­view Ein­bli­cke in ihren Arbeits­all­tag. Ein Gespräch über Mög­lich­kei­ten und Chan­cen der Ana­ly­se von gemein­nüt­zi­gem Enga­ge­ment, per­sön­li­che Aha-Momen­te und den Wunsch, sich mit einer Super­kraft mit­ten ins Pro­jekt­ge­sche­hen zu beamen.

Fran­ka, was treibt dich als Lei­te­rin des Wirkt-Sie­gels Demo­kra­tie an?
Mich moti­viert der Gedan­ke, einen Bei­trag zu einer wider­stands­fä­hi­gen, viel­fäl­ti­gen Demo­kra­tie zu leis­ten. Zivil­ge­sell­schaft­li­ches Enga­ge­ment ist für mich das Rück­grat einer star­ken demo­kra­ti­schen Kul­tur. Mit dem Wirkt-Sie­gel hel­fen wir dabei, genau sol­che Initia­ti­ven sicht­ba­rer und wirk­sa­mer zu machen. 

Das Wirkt-Sie­gel ist mehr als ein Label für gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen – es ist ein Entwicklungsschub.“

Fran­ka Ismer

Was macht das Wirkt-Sie­gel Demo­kra­tie so beson­ders?
Es stellt Orga­ni­sa­tio­nen in den Mit­tel­punkt, die sich aktiv für unse­re demo­kra­ti­sche Gesell­schaft ein­set­zen – gegen Des­in­for­ma­ti­on, Dis­kri­mi­nie­rung und demo­kra­tie­feind­li­che Ten­den­zen. Bei unse­rer Ana­ly­se flie­ßen neben der Prü­fung von Wir­kungs­po­ten­zi­al, Auf­sichts­me­cha­nis­men, Finan­zie­rung und Trans­pa­renz einer Orga­ni­sa­ti­on auch Fak­to­ren wie wer­te­ori­en­tier­tes Han­deln und geleb­te demo­kra­ti­sche Pra­xis in die Bewer­tung ein. Das Sie­gel ver­bin­det also fach­li­che Tie­fe mit kla­rer Hal­tung. Für För­dern­de ist es eine wert­vol­le Ori­en­tie­rung, um enga­gier­te und wirk­sa­me Initia­ti­ven gezielt zu unterstützen. 

War­um braucht es für die­ses The­ma ein eige­nes Sie­gel?
Demo­kra­tie­för­de­rung ist kein Quer­schnitts­the­ma unter vie­len, son­dern ein Hand­lungs­feld mit spe­zi­fi­schen Her­aus­for­de­run­gen. Ein eige­nes Sie­gel schafft Aner­ken­nung, Sicht­bar­keit und mehr För­der­fä­hig­keit. Ich hof­fe, dass es nicht nur Orga­ni­sa­tio­nen stärkt, son­dern auch eine Debat­te über die Bedeu­tung demo­kra­ti­scher Resi­li­enz anstößt. 

Außer­dem soll das Sie­gel The­men stär­ken, die nicht offen­sicht­lich unter Demo­kra­tie­för­de­rung lau­fen – etwa inklu­si­ve Ansät­ze im Kul­tur­be­reich, die Arbeit mit benach­tei­lig­ten Grup­pen im länd­li­chen Raum oder die För­de­rung von Kin­dern mit erschwer­tem Bildungszugang. 

Von der Bewer­bung zur Auszeichnung

Wie läuft der Ana­ly­se­pro­zess kon­kret ab?
Gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen bewer­ben sich mit Pro­jekt­un­ter­la­gen, die wir in einer mehr­stu­fi­gen Ana­ly­se prü­fen – inklu­si­ve Wir­kungs­lo­gik, Finan­zen und struk­tu­rel­ler Qua­li­tät. Es fol­gen ver­tie­fen­de Gesprä­che und schließ­lich die Ent­schei­dung durch ein unab­hän­gi­ges Fach­gre­mi­um. Trans­pa­renz und Dia­log ste­hen dabei immer im Vordergrund. 

Wo ste­hen die Orga­ni­sa­tio­nen? Was kön­nen sie beson­ders gut – und wo hakt es manch­mal?
Vie­le sind stark in der Kon­text­nä­he, im Enga­ge­ment, in der par­ti­zi­pa­ti­ven Gestal­tung. Da sehen wir rich­tig gute Ansät­ze. Luft nach oben gibt es oft bei sys­te­ma­ti­scher Wir­kungs­mes­sung oder bei der Ver­knüp­fung von Zie­len, Indi­ka­to­ren und Eva­lua­ti­on. Wir ver­ste­hen uns im Pro­zess nicht nur als Prü­fen­de, son­dern auch als Begleiter*innen: Ab der zwei­ten Ana­ly­se­pha­se geben wir fun­dier­tes Feed­back zur Weiterentwicklung. 

Was bedeu­tet Wir­kung für euch kon­kret?
Wir schau­en genau: Wird ein Bedarf erkannt? Wer­den Zie­le klar benannt und aus die­sem Bedarf abge­lei­tet? Gibt es eine strin­gen­te Wir­kungs­lo­gik, nach­voll­zieh­ba­re Indi­ka­to­ren, eine stim­mi­ge Eva­lua­ti­on der Ergeb­nis­se? All das bil­det für uns den Kern von Wirkungsorientierung. 

Und wie gehen Hal­tung und Wer­te in die Ana­ly­se ein – las­sen die sich über­haupt bewer­ten“?
Hal­tung und Wer­te sind kein Zusatz, son­dern ele­men­ta­rer Bestand­teil – gera­de in der Demo­kra­tie­ar­beit. Sie prä­gen das Wie“ eines Pro­jekts. Par­ti­zi­pa­ti­on ist da oft ein guter Grad­mes­ser. Wer glaub­wür­dig par­ti­zi­pa­tiv arbei­tet, zeigt meis­tens auch eine kla­re inne­re Haltung. 

Wie schafft ihr es, bei aller Stan­dar­di­sie­rung die Indi­vi­dua­li­tät der Pro­jek­te zu erfas­sen?
Wir arbei­ten mit fes­ten Kri­te­ri­en, aber inter­pre­tie­ren sie im Dia­log fle­xi­bel – je nach Kon­text und Ziel­grup­pe. Unse­re Bewer­tun­gen sind immer im Team reflek­tiert, wir legen Wert auf ein Vier-Augen-Prin­zip und holen uns Exper­ti­se ins Gre­mi­um. Es ist eine Balan­ce aus Struk­tur und Offenheit. 

Bewer­tung im Dia­log: Ana­ly­se und Feedback

Was sind die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen im Ana­ly­se­pro­zess?
Die Viel­falt! Metho­disch müs­sen wir immer wie­der neu bestim­men, was Wir­kung“ im jewei­li­gen Kon­text über­haupt heißt. Das ist for­dernd, aber auch span­nend – weil wir stän­dig dazulernen. 

Beob­ach­test du Trends in der Demo­kra­tie­ar­beit, die eure Ana­ly­se ver­än­dern?
Defi­ni­tiv. Wir sehen mehr Poli­ti­sie­rung – vie­le Pro­jek­te posi­tio­nie­ren sich klar gegen rech­te Nar­ra­ti­ve oder für mar­gi­na­li­sier­te Grup­pen. Auch digi­ta­le For­ma­te und neue Alli­an­zen neh­men zu. Beson­ders im Bereich Des­in­for­ma­ti­on und Medi­en­kom­pe­tenz betre­ten vie­le noch Neu­land. Das erhöht unse­re Ver­ant­wor­tung – und den Bedarf an klu­ger, unter­stüt­zen­der Analyse. 

Kommt es vor, dass Pro­jek­te tol­le Zie­le haben, aber ana­ly­tisch nicht über­zeu­gen kön­nen?
Ja, das pas­siert. Manch­mal haben Pro­jek­te einen guten Ansatz, aber noch nicht die nöti­gen Struk­tu­ren. Dann ver­su­chen wir, ehr­lich und kon­struk­tiv zu bera­ten. Trans­pa­renz ist da entscheidend. 

Was ver­än­dert das Wirkt-Sie­gel für die aus­ge­zeich­ne­ten Orga­ni­sa­tio­nen?
Vie­le berich­ten von mehr Sicht­bar­keit, grö­ße­rem Ver­trau­en bei För­der­part­nern – und einem neu­en Blick auf sich selbst. Auch intern wirkt es oft wie ein Ent­wick­lungs­schub. Das Sie­gel ist mehr als ein Label – es ist ein Lernprozess. 

Zum Schluss: ganz persönlich 

Wie hat die Arbeit dei­nen eige­nen Blick auf Demo­kra­tie ver­än­dert?
Es hat mei­ne Ein­stel­lung gestärkt, dass auch Unter­neh­men noch viel mehr Ver­ant­wor­tung für die Stär­kung der Demo­kra­tie und das zivil­ge­sell­schaft­li­che Enga­ge­ment über­neh­men soll­ten. Außer­dem sehe ich kla­rer, wo mein eige­ner Hand­lungs­spiel­raum liegt – wie ich als Ein­zel­per­son Demo­kra­tie im All­tag stär­ken kann. 

Gab es im Rah­men des Wirkt-Sie­gels Demo­kra­tie etwas, das dich beson­ders berührt oder über­rascht hat?
Vor allem hat mich die gro­ße Viel­falt an Ansät­zen über­rascht. Jedes Pro­jekt ist ja im Grun­de eine Ant­wort auf ein Pro­blem im Sys­tem. Berührt hat mich, wie vie­le Orga­ni­sa­tio­nen gezielt mit Kin­dern und Jugend­li­chen arbei­ten. Da ist das Ver­än­de­rungs­po­ten­zi­al riesig. 

Was wür­dest du allen Orga­ni­sa­tio­nen in Sachen Wir­kung mit auf den Weg geben?
Fragt eure Ziel­grup­pe nicht nur, was sie braucht – son­dern was sich durch eure Arbeit wirk­lich ver­än­dert hat. Im Den­ken, im Han­deln, in ihrer Lebenswelt. 

Was ist eine unter­schätz­te Eigen­schaft für gute Analyst*innen?
Ehr­li­ches Inter­es­se am The­ma. Ohne das wird’s schwer – gera­de im Feld der Demokratiearbeit. 

Wenn du eine Super­kraft für dei­ne Arbeit hät­test – wel­che wäre das?
Ich wür­de mich gern spon­tan an den Ort des Wir­kens bea­men. Ein­fach mit­ten rein ins Pro­jekt – für einen ech­ten Eindruck. 

Wel­cher Song passt am bes­ten zum Ana­ly­se­pro­zess?
Die vier Jah­res­zei­ten von Vival­di. Im Ana­ly­se­pro­zess gibt es auch alle die­se Stimmungen. 

Und eine abschlie­ßen­de Fra­ge: Was magst du eher nicht am Ana­ly­se­pro­zess und was ganz beson­ders?
Was ich nicht mag – dass wir Absa­gen ver­ge­ben müs­sen. Und was ich ganz beson­ders mag: Das Team – die Zusam­men­ar­beit, der Aus­tausch und das gemein­sa­me Ler­nen mit den Analyst*innen ist unfass­bar bereichernd! 

Dan­ke dir für das Inter­view!