Fokusthema Demokratie
10 Tipps, wie sich Unternehmen für die Demokratie einsetzen können
Eine klare Haltung ist wichtig, doch das Engagement von Unternehmen sollte über die Teilnahme an Demonstrationen hinausgehen. Wir zeigen, wie sie aktiv werden können – inklusive Praxisbeispiele.
Tipp 1: Klar positionieren
Mit klarer Haltung beginnt alles – und Unternehmen sollten sie auf verschiedenen Kanälen kommunizieren. Beispiele sind Unternehmens-Statements oder Aussagen des/der CEO zu aktuellen Ereignissen in Social-Media-Posts und Pressemitteilungen.
Praxisbeispiel: Der Outdoor-Hersteller VAUDE positioniert sich auf LinkedIn gegen Rechtspopulismus und die wirtschaftspolitischen Forderungen der AfD.
Ein ebenfalls wichtiger Schritt: Unternehmen können ein Corporate Political Responsibility-Leitbild entwickeln, wie es beispielsweise beim Chemieunternehmen Evonik existiert.
Tipp 2: Umgangsregeln mit Rechtsextremen festlegen
Aus der klaren Positionierung gegen Rechtsextremismus, Diskriminierung und Antisemitismus können Unternehmen konkrete Umgangsregeln ableiten. Wie diese aussehen, muss jeder für sich festlegen, von „Wir gehen mit Rechtspopulist*innen in den Dialog“ bis hin zu „Wir sprechen nicht mit der AfD“.
Praxisbeispiel: Einen kreativen Zwischenweg wählte im Jahr 2019 der damalige Berlinale-Festivaldirektor Dieter Kosslick. Er lud zwar die AfD-Abgeordneten des Kulturausschusses ein, bot ihnen aber Freikarten für den Dokumentarfilm „Das Geheimarchiv im Warschauer Ghetto“ an.
Was Unternehmen tun können
Weitere Möglichkeiten, wie Unternehmen das gesellschaftliche Engagement ihrer Beschäftigten fördern können, gibt es in unserem Ratgeber „Corporate Volunteering” (PDF).
Tipp 3: Mit anderen Akteuren vernetzen
Unternehmen können Allianzen mit anderen Unternehmen ihrer Branche oder Region gründen. So zeigen sie nicht nur mit stärkerer Stimme Haltung, sondern teilen im Sinne von Collective Impact auch ihr Wissen zur Demokratieförderung.
Praxisbeispiele: Der Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen bringt seit 2016 Unternehmen mit Politik und Expert*innen zusammen. Die Initiative Offen für Vielfalt ist ein regionaler Zusammenschluss von Unternehmen und Organisationen in Kassel und Nordhessen. Seit 2016 setzen sie sich für Vielfalt, Toleranz und demokratische Werte ein. In Ostwestfalen-Lippe haben Mitgliedsunternehmen des Branchennetzwerks owl maschinenbau die Initiative Wirtschaft für Demokratie gegründet. Seit Februar 2024 existiert zudem der Verein Wirtschaft für einen weltoffenen Norden in Schleswig-Holstein.
Tipp 4: Corporate Volunteering nutzen
Auch das klassische Unternehmensengagement kann sich mit Geld‑, Sach- oder Zeitspenden auf die Stärkung der Demokratie fokussieren. Unternehmen können Projekte, Initiativen und Non-Profit-Organisationen auswählen, die sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt und politische Bildung einsetzen. Geeignete Organisationen mit dem Wirkt-Siegel gibt es hier.
Tipp 5: Mitarbeitende und Stakeholder schulen
Unternehmen können ihre Mitarbeitenden hinsichtlich demokratischer Werte schulen und bilden. Neben Trainings zu Themen wie Vielfalt- und Toleranzförderung bieten sich Weiterbildungen zur guten Debattenkultur und zum Umgang mit Fake News und Hate Speech an.
Praxisbeispiel: Über 80 Unternehmen sind Teil der Initiative #BC4D, die Arbeitnehmer*innen in kostenlosen Schulungen im Umgang mit Hassrede, gezielter Desinformation und Verschwörungserzählungen schult.
Gut geschulte Unternehmen können ihr Wissen auch nach außen tragen und eigene Trainings für Stakeholder anbieten – seien es Kund*innen, Partner*innen oder auch die eigene Nachbarschaft.
Dabei lohnt immer ein kritischer Blick auf das eigene Unternehmen: Um seine Rolle in der NS-Zeit aufzuarbeiten, richtet das Chemieunternehmen Evonik unter anderem Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz aus.
Tipp 6: Interne Anlaufstellen für Diskriminierte schaffen
Klare Regeln zum Umgang mit Rassismus sollten auch intern bestehen – inklusive der Gewährleistung, dass diese eingehalten werden. Unternehmen können ein Awareness-Team gründen oder einzelne Awareness-Personen ernennen, die entsprechend geschult werden. So können demokratiefeindliche Vorgänge besser erfasst und verfolgt werden. Eine weitere Möglichkeit ist das Einrichten einer Anlauf- bzw. Beschwerdestelle für Betroffene von Diskriminierung.
Nach außen können Unternehmen speziell zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen, die Anlaufstellen für Opfer von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit bieten.
Spendenprojekt gesucht?
Unsere Übersicht mit 400+ geprüften gemeinnützigen Projekten und Impact Startups: www.spende-mit-impact.de.
Projekte mit Schwerpunkt Demokratieförderung haben wir hier aufgelistet: „Demokratieprojekte mit Impact” …
Tipp 7: Nicht mit Rechtsextremen zusammenarbeiten
Ob ein Unternehmen Büromaterialien kauft, Räumlichkeiten vermietet oder Investorenkapital annimmt: Es sollte klar geregelt sein, dass keine Geschäfte mit Vertreter*innen rechtsextremen Gedankenguts gemacht werden. Diese Regelung sollte auch nach außen kommuniziert und gelebt werden, sofern sie realistisch überprüfbar ist.
Tipp 8: Zur Teilnahme an den Wahlen aufrufen
Angesichts der anstehenden Europawahl 2024 können Unternehmen über interne und externe Kanäle zur Teilnahme auffordern. Dies kann auch im Austausch mit Partner*innen, Kund*innen und der Lieferkette des Unternehmens geschehen – und natürlich nicht nur die EU-Wahl betreffend.
Tipp: Wer Inspiration für Kampagnenideen sucht, kann hier einen Blick zurück auf das Jahr 2019 werfen.
Tipp 9: Als Führungskraft mit gutem Beispiel vorangehen
Führungskräfte können gute Vorbilder sein, wenn es um die Förderung der Demokratie geht. Sie können firmenintern und extern einer Verrohrung der Sprache entgegenwirken und bei rassistischen Bemerkungen unmissverständlich einschreiten. Sie können sich auch selbst bürgerschaftlich engagieren – zum Beispiel als Wahlhelfer*in.
Tipp 10: Produkte mit politischer Botschaft
Auch gegen den Verkauf und die Bewerbung von Produkten, die sich inhaltlich um Demokratie drehen, ist nichts einzuwenden. So rückt das Thema ebenfalls in den Fokus der Öffentlichkeit. Hier ist allerdings besondere Vorsicht vor Greenwashing geboten.
Praxisbeispiel: Der Bio-Lebensmittel-Hersteller Followfood hat eine Pizza der Sorte „Antirassisti” im Angebot und spendet 1 Prozent des Erlöses an die Initiative EXIT-Deutschland für Aussteiger*innen aus der rechten Szene.
Fest steht: Unternehmen genießen in Deutschland nach wie vor hohes Vertrauen. Das zeigen unter anderem die Ergebnisse des Edelman Trust Barometers 2023. Die Befragten wünschten sich von Unternehmer*innen mehr Engagement, um der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. Dieses Vertrauen sollten sie nicht verspielen.