Wie wer­den Daten steue­rungs­re­le­vant? 4 Emp­feh­lun­gen für die öffent­li­che Verwaltung

Wir sind über­zeugt: Der Impact Staat arbei­tet daten­ba­siert, um aktu­el­le Ent­wick­lun­gen und Trends umfas­send zu ver­ste­hen. So trifft er klu­ge Ent­schei­dun­gen und ver­steht was wirk­lich funk­tio­niert. Wie machen wir die­ses Ide­al zur Realität?

Damit die öffent­li­che Ver­wal­tung wir­kungs­ori­en­tiert steu­ern kann, braucht sie Daten. Die­se hel­fen, stra­te­gi­sche Prio­ri­tä­ten zu set­zen und Dring­lich­kei­ten zu mana­gen. Sie zei­gen nicht nur, wel­che Pro­ble­me und Hand­lungs­be­dar­fe es gibt, son­dern auch, ob und wie gut Leis­tungs- und Wir­kungs­zie­le schon erreicht wer­den – und wo nach­ge­steu­ert wer­den muss. Dar­über hin­aus machen Daten sicht­bar, wel­che Maß­nah­men tat­säch­lich dazu bei­tra­gen, Zie­le bzw. den gewünsch­ten Zustand zu erreichen. 

Ide­al und Rea­li­tät – Wo hakts?

In der Theo­rie ist der Umgang mit Daten ein­fach: Wir sam­meln sie, ana­ly­sie­ren sie, und tref­fen auf die­ser Grund­la­ge Ent­schei­dun­gen. Doch die Rea­li­tät sieht oft anders aus. Zwar wer­den über­all Daten gesam­melt, doch sie lan­den häu­fig auf soge­nann­ten Daten­fried­hö­fen“. Gemeint sind z. B. umfang­rei­che Berich­te und auf­wen­di­ge Moni­to­rings. Das Pro­blem: Bei­de lie­fern kei­ne kla­ren, ent­schei­dungs­re­le­van­ten Ablei­tun­gen. Wor­an liegt das? 

  • Knap­pe Res­sour­cen brem­sen aus: Wer Daten sinn­voll erhe­ben und aus­wer­ten will, braucht Res­sour­cen in Form von Geld, Zeit, Per­so­nal und Kompetenzen.
  • Per­spek­tiv­viel­falt bleibt unge­nutzt: Daten wer­den oft nicht effek­tiv über Abtei­lun­gen, Hier­ar­chie­stu­fen oder Trä­ger hin­weg koor­di­niert und zusam­men­ge­führt. Dadurch wer­den Daten nur iso­liert inter­pre­tiert. Die Per­spek­ti­ven ver­schie­de­ner Akteu­re flie­ßen nicht ein und gehen so verloren.
  • Data Liter­acy fehlt: Oft fehlt Wis­sen und Ver­ständ­nis dafür, wie Daten erho­ben, ver­stan­den und genutzt wer­den kön­nen. Hin­zu kommt, dass ins­be­son­de­re poli­ti­sche Entscheider*innen immer öfter Daten und deren Aus­sa­ge­kraft anzwei­feln. Dadurch wer­den fun­dier­te und gut begrün­de­te Emp­feh­lun­gen im poli­ti­schen Dia­log wirkungslos.
  • Ziel­kon­flik­te und Sys­tem­lo­gi­ken blockieren: Ent­schei­dun­gen wer­den oft nicht nur sach­ba­siert getrof­fen. Jeder Akteur ver­folgt (ver­ständ­li­cher­wei­se) auch eige­ne Zie­le. Zusätz­lich zu die­sen Ziel­kon­flik­ten erschwe­ren unter­schied­li­che Sys­tem­lo­gi­ken die Arbeit mit Daten.

Prag­ma­ti­scher Umgang mit Daten: Vier Emp­feh­lun­gen aus unse­rer Bera­tung zu daten­ba­sier­tem Arbeiten

Wie kann die Ver­wal­tung es trotz­dem schaf­fen, Daten steue­rungs­re­le­vant zu machen und sinn­voll in Ent­schei­dun­gen zu über­set­zen? Anstatt sich an die­sen Hür­den abzu­ar­bei­ten, gilt es zunächst, die Rea­li­tät anzu­er­ken­nen. Dadurch wird ein prag­ma­ti­sche­rer Umgang mit Daten mög­lich. Wir haben vier Emp­feh­lun­gen zusam­men­ge­stellt, die der Ver­wal­tung dabei hel­fen, daten­ge­stütz­ter zu steuern: 

Emp­feh­lung 1:
Aus Daten­wüs­ten kön­nen leben­di­ge Dia­lo­ge entstehen!

Typi­sche Aus­gangs­la­ge: Eine Stadt legt einen umfang­rei­chen Bericht oder ein Moni­to­ring für eine Quer­schnitts­stra­te­gie vor. Dabei han­delt es sich um eine rei­ne Daten­samm­lung, die Maß­nah­men bzw. Pro­gram­me legi­ti­mie­ren und Akti­vi­tä­ten nach­wei­sen sol­len. Die Stadt hat wenig Erfah­rung mit Wir­kungs­ori­en­tie­rung und in der prak­ti­schen Nut­zung von Daten für Ent­schei­dungs­pro­zes­se. Es gibt kei­ne Struk­tu­ren, in denen ressort‑, hier­ar­chie- und sek­tor­über­grei­fend auf die Daten geschaut wird. Der Bericht oder das Moni­to­ring ent­hal­ten kei­ne wei­ter­füh­ren­den Inter­pre­ta­tio­nen oder Ablei­tun­gen – und lan­den auch des­halb in der Schublade.

Neu­er Ansatz & kon­kre­te Schrit­te: In einem neu­en For­mat, den Wir­kungs­dia­lo­gen“, kom­men Akteu­re aus Ver­wal­tung, Poli­tik, Zivil­ge­sell­schaft und Wis­sen­schaft zu einem ganz­tä­gi­gen Work­shop zusam­men, um Daten the­men­fo­kus­siert aus­zu­wer­ten. Zu vor­ab abge­stimm­ten Schwer­punk­ten wer­den Ergeb­nis­se mul­ti­per­spek­ti­visch gele­sen, gedeu­tet und in kon­kre­te Steue­rungs­ent­schei­dun­gen übersetzt.

Dabei steht nicht nur die Qua­li­tät und Wir­kung eines lau­fen­den Pro­gram­mes im Fokus. Unse­re Erfah­rung zeigt, wie wich­tig es für die Ver­wal­tung ist, früh­zei­tig zu ent­schei­den, wo sie aktiv wer­den muss. So lässt sich nicht nur auf ver­gan­ge­ne Ent­wick­lun­gen reagie­ren. Auch zukünf­ti­ge Trends und Bedar­fe kön­nen auf die­se Art recht­zei­tig erkannt wer­den. Berich­te, Sta­tis­ti­ken, Stu­di­en, aktu­el­le Befra­gun­gen und Ein­schät­zun­gen von Fachexpert*innen geben Aus­kunft zu Fra­gen wie:

  • Wie ent­wi­ckelt sich die Situa­ti­on einer Zielgruppe?
  • Wel­che sozio­de­mo­gra­fi­schen Trends müs­sen wir schon jetzt berücksichtigen?
  • Wie sieht die Situa­ti­on in unse­rer Stadt in fünf Jah­ren aus?

Mit Daten wir­kungs­ori­en­tiert zu arbei­ten, heißt auch, sie zur Pla­nung und nicht nur zur Eva­lua­ti­on zu nut­zen. Die­se Daten­ar­beit funk­tio­niert jedoch nur, wenn sie in Koor­di­na­ti­ons- und Ent­schei­dungs­pro­zes­se ein­ge­bun­den ist – und nicht als Par­al­lel­spur ein­zel­ner Res­sorts oder Behör­den nebenherläuft.

Die Ergeb­nis­se: Akteu­re aus ver­schie­de­nen Res­sorts und Trä­gern stim­men Bedar­fe und Prio­ri­sie­run­gen gemein­sam ab. Die Wirk­sam­keit von Maß­nah­men, ihr Anpas­sungs­be­darf und Lern­ef­fek­te wer­den auf Basis von Daten und Expert*inneneinschätzungen ana­ly­siert. Und: Die Moti­va­ti­on, kon­se­quent wir­kungs­ori­en­tiert und daten­ba­siert zu arbei­ten wächst.

Feed­back einer Teil­neh­me­rin der Wirkungsdialoge

Wir hät­ten nicht gedacht, dass wir zu so kon­kre­ten gemein­sa­men Ablei­tun­gen kommen!“

Emp­feh­lung 2:
Alle Betei­lig­ten soll­ten Daten ver­ste­hen – es lohnt sich, dar­an zu arbeiten!

Typi­sche Aus­gangs­la­ge: Eine Kom­mu­ne führt ihre Schul­ent­wick­lungs­pla­nung daten­ba­siert durch. Die Zah­len zei­gen: Es ist wich­tig, dass die Stadt die Kapa­zi­tä­ten in den nächs­ten Jah­ren aus­baut. Im Aus­schuss hin­ter­fra­gen die Vertreter*innen der Poli­tik und frei­en Trä­ger die­se Daten und Quel­len jedoch immer wie­der. Es besteht ein gene­rel­les Miss­trau­en dar­in, wie die Ver­wal­tung die Daten auf­be­rei­tet. Auch, weil hier wich­ti­ge Ziel­kon­flik­te ver­han­delt wer­den: Poli­tik und Ver­wal­tung ver­fol­gen eige­ne Inter­es­sen. Doch ohne Ver­trau­en in die Daten­kom­pe­tenz der Ver­wal­tung sind ihre fach­lich begrün­de­ten, daten­ge­stütz­ten Emp­feh­lun­gen wir­kungs­los. Dis­kus­sio­nen und Ent­schei­dun­gen wer­den nicht mehr auf Basis von Fak­ten geführt.

Neu­er Ansatz & kon­kre­te Schrit­te: Die Kom­mu­ne lädt zu einer gemein­sa­men Klau­sur­ta­gung ein. Dort erläu­tert sie umfas­send, wie Daten erho­ben, zusam­men­ge­stellt und aus­ge­wer­tet wer­den. Damit steigt die Daten­kom­pe­tenz (Data Liter­acy) auf Sei­ten der Poli­tik und frei­en Trä­ger. Auf die­ser Grund­la­ge wer­den wie­der gemein­sa­me Inter­pre­ta­tio­nen und Ablei­tun­gen möglich.

Die Ergeb­nis­se: Die Kom­mu­ne legt ihre Daten trans­pa­rent offen. Das Ver­trau­en inein­an­der und in die Daten wächst. Poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen stüt­zen sich wie­der stär­ker auf eine daten­ge­stütz­te Basis – sie wer­den fun­dier­ter und nach­voll­zieh­ba­rer. Der Dia­log gewinnt an Sachlichkeit.

Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­rin

Das ist span­nend und erhel­lend – ich wuss­te bis­lang gar nicht, dass unse­re Ver­wal­tung so mit Daten arbeitet!“

Emp­feh­lung 3:
Wir­kung lässt sich nicht über­all bewei­sen“ – prio­ri­sie­ren und plau­si­bi­li­sie­ren Sie!

Typi­sche Aus­gangs­la­ge: Wir­kun­gen ent­ste­hen in der Regel durch ein Zusam­men­spiel vie­ler Fak­to­ren. Auf der Ebe­ne ein­zel­ner Maß­nah­men ist es noch mög­lich, Wir­kun­gen nach­zu­wei­sen. Auf der Ebe­ne gan­zer Stra­te­gien oder kom­ple­xer Unter­stüt­zungs­sys­te­me gestal­tet sich dies weit­aus schwie­ri­ger. Bei­spie­le dafür sind die Wir­kun­gen von Pro­gram­men zur Ver­bes­se­rung der Bil­dungs­chan­cen oder Stra­te­gien zur Ver­rin­ge­rung von Kin­der­ar­mut. Auf­grund der Viel­zahl an Ziel­grup­pen, Maß­nah­men und Kon­text­fak­to­ren sind Wir­kungs­bei­trä­ge ein­zel­ner Inter­ven­tio­nen in die­sen Kon­tex­ten nur begrenzt iso­lier- und messbar.

Unse­re Emp­feh­lung: Es ist wich­tig, gemein­sam zu prio­ri­sie­ren, an wel­chen Stel­len detail­lier­te Wir­kungs­mes­sun­gen not­wen­dig sind, etwa bei kos­ten­in­ten­si­ven oder inno­va­ti­ven Ansät­zen. An ande­ren Stel­len kön­nen das Moni­to­ring der Umset­zungs­qua­li­tät und der fach­li­che Aus­tausch über wahr­ge­nom­me­ne Fort­schrit­te bezüg­lich der Wir­kungs­an­nah­men aus­rei­chen, um die Wir­kung von Maß­nah­men zumin­dest plau­si­bel zu machen. Das gilt ins­be­son­de­re für Ansät­ze, deren Wirk­sam­keit an ande­ren Stel­len bereits belegt wur­de. Für alle Daten – ob zur Umset­zung oder Wir­kung von Maß­nah­men – gilt das Prin­zip der Daten­spar­sam­keit: Erhe­ben Sie nur Daten, die wirk­lich not­wen­dig sind. Es muss klar sein, wel­ches Erkennt­nis- und Steue­rungs­in­ter­es­se ver­folgt wird. Um den Auf­wand für Umset­zungs­or­ga­ni­sa­tio­nen ver­träg­lich zu gestal­ten, muss klar kom­mu­ni­ziert wer­den, wozu wel­che Daten erho­ben wer­den. Wägen Sie sorg­fäl­tig ab, ob die Erhe­bung an den jewei­li­gen Stel­len tat­säch­lich hilf­reich ist.

Jetzt den neu­en PHI­NEO Public News­let­ter abonnieren!

Vier Mal im Jahr: kura­tier­te Infos, Ver­an­stal­tungs­tipps und Lese­emp­feh­lun­gen für die Verwaltungstransformation.

Für den kom­men­den PHI­NEO PUBLIC News­let­ter anmelden

Emp­feh­lung 4:
Wer wir­ken will, wird auch Feh­ler machen – stra­fen Sie das nicht ab.

Typi­sche Aus­gangs­la­ge: Mit der Erhe­bung von mehr Daten wer­den auch Din­ge sicht­ba­rer, die nicht so lau­fen wie geplant. In einer Welt, in der sich Ansprü­che und Bedar­fe ste­tig wan­deln und (plötz­lich auf­tre­ten­de) Kri­sen die bes­ten Plä­ne über den Hau­fen wer­fen, ist das wenig ver­wun­der­lich. Damit Daten in der Pra­xis genutzt wer­den kön­nen, braucht es eine Feh­ler­kul­tur, die Ler­nen ermög­licht, statt Abwehr zu erzeugen.

Unse­re Emp­feh­lung: Begrei­fen Sie Feh­ler als Lern­mög­lich­kei­ten – nicht als Anlass für mehr Kon­trol­le. Denn: Wer mit For­de­run­gen nach Wir­kungs­be­le­gen eine Kul­tur der Angst vor Feh­lern erzeugt, wird mit hoher Wahr­schein­lich­keit zu weni­ger Trans­pa­renz bei­tra­gen. Die­ses Vor­ge­hen schafft Anrei­ze für freie Trä­ger und ande­re Akteu­re, Daten so aus­zu­wäh­len und zu inter­pre­tie­ren, dass das Risi­ko von Kür­zun­gen oder sons­ti­gen nega­ti­ven Kon­se­quen­zen mini­miert wird – ver­ständ­li­cher­wei­se! Fehl­steue­rung ist dann vor­pro­gram­miert, und Wir­kungs­ori­en­tie­rung wird zur Illusion.

För­dern Sie statt­des­sen offe­ne Dia­lo­ge mit den Umset­zungs­or­ga­ni­sa­tio­nen, um gemein­sam über Wir­kung ins Gespräch zu kom­men und aus den Ergeb­nis­sen zu ler­nen (s. Ansatz 1). Fra­gen Sie sich: Wie kann Ver­trau­en wach­sen, sodass aus­sa­ge­kräf­ti­ge Daten inner­halb der Ver­wal­tung und im Ver­hält­nis zu exter­nen Akteu­ren erho­ben und mit­ein­an­der bespro­chen wer­den? Das kann die Wirk­sam­keit Ihrer gemein­sa­men Bemü­hun­gen um Impact verbessern.

Fazit

Daten sind ein wich­ti­ges Werk­zeug für die öffent­li­che Ver­wal­tung, um zu bes­se­ren Ent­schei­dun­gen zu gelan­gen. Dafür braucht es kei­ne per­fek­ten Sys­te­me, son­dern gemein­sa­me Rou­ti­nen: Schau­en Sie mul­ti­per­spek­ti­visch auf Daten, benen­nen und klä­ren Sie Unsi­cher­hei­ten im Umgang damit, set­zen Sie Prio­ri­tä­ten, akzep­tie­ren Sie auch Wir­kungs­plau­si­bi­li­tät und ler­nen Sie gemein­sa­maus Feh­lern. Wenn Ver­wal­tung, Poli­tik und Trä­ger die­sen Weg gemein­sam gehen, wer­den Daten nicht län­ger auf Daten­fried­hö­fen abge­legt, son­dern kön­nen das Leben der Bürger*innen wirk­sam und spür­bar verändern.