Kom­munen als neuer Wirkungs­bere­ich: die Pro­jek­te Weltof­fene Kom­mune und Kom­mune 360°

Wie kann eine inten­si­vere Zusam­me­nar­beit zwis­chen dem öffentlichen Sek­tor und gemein­nützi­gen Organ­i­sa­tio­nen gelin­gen? Und auf welche Weise kön­nen Poli­tik und Ver­wal­tung ihr Poten­zial weit­er aus­bauen? Seit 2019 wid­men wir bei PHI­NEO Fra­gen wie diesen viel Aufmerksamkeit. 

Wir glauben: Kom­munen kön­nen viel zu gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen beitra­gen. Vor Ort muss auf Bedarfe, aber auch auf Kon­flik­te und Polar­isierun­gen reagiert und das Zusam­men­leben gestal­tet wer­den. Die Weit­er­en­twick­lung der kom­mu­nalen Pla­nungs- und Koor­di­na­tion­ska­paz­itäten ist darum entschei­dend – für aktuelle und zukün­ftige Her­aus­forderun­gen. Dabei stellen sich viele Fra­gen: Welche Organ­i­sa­tion­sstruk­turen und Prozesse braucht es für inte­gri­erte Pla­nung, Koor­di­na­tion und Steuerung? Wie gelingt eine ressort- und sek­torüber­greifende Beteili­gung aller rel­e­van­ten Akteure? 

Um Quer­schnitts­the­men wie Inte­gra­tion und Teil­habe oder die Präven­tion von Kinder- und Fam­i­lien­ar­mut voranzutreiben, brauchen wir nicht isolierte, son­dern inte­gri­erte und strate­gis­che Antworten. Um diese Entwick­lung zu unter­stützen, sind für uns die Arbeit mit Kom­munen vor Ort sowie die bun­desweite Ver­net­zung zwis­chen Kom­munen wichtige Anliegen. Aus dieser Hal­tung her­aus sind die bei­den Pro­jek­te Weltof­fene Kom­mune und Kom­mune 360° entstanden. 

Das Pro­jekt Weltof­fene Kom­mune – vom Dia­log zum Zusammenhalt“

Kom­munen sind die Orte, an denen Vielfalt, Inte­gra­tion und Teil­habe gelebt und gestal­tet wer­den. Ob das Zusam­men­leben vor Ort gut gelingt, hängt auch maßge­blich davon ab, wie sich Kom­munen auf­stellen und posi­tion­ieren. Aktuell ist die gesellschaftliche Polar­isierung in vie­len Kom­munen groß. Daraus ergeben sich neue Her­aus­forderun­gen für die kom­mu­nale Inte­gra­tions- und Diver­sität­sar­beit. Kom­munen müssen heute umso mehr Aus­gangs­be­din­gun­gen gestal­ten, die Weltof­fen­heit und ein gutes Zusam­men­leben fördern. Bis zu 40 Mod­el­lkom­munen wollen wir auf dem Weg zu mehr Weltof­fen­heit begleit­en und miteinan­der vernetzen.

Das Pro­jekt baut dabei auf drei Säulen auf: Ein Selb­stcheck unter­stützt Kom­munen dabei, den Sta­tus quo in ihrer lokalen Inte­gra­tionspoli­tik festzustellen. Dialogver­anstal­tungen befördern den Aus­tausch zwis­chen Einwohner*innen, Ver­wal­tung, Poli­tik, Wirtschaft und Zivilge­sellschaft. Kom­munenüber­greifende Ange­bote unter­stützen Entscheidungsträger*innen, mit aufge­heizten Debat­ten umzuge­hen und sich mit klar­er Hal­tung für Weltof­fen­heit zu posi­tion­ieren. Aus den Erfahrun­gen und Ergeb­nis­sen der Zusam­me­nar­beit entste­hen konkrete Handlungsempfehlungen. 

Auf ein­er Wis­sensplat­tform kön­nen kom­mu­nale Fachkräfte und Entscheidungsträger*innen zusät­zlich von den Praxis­er­fahrun­gen ander­er Kom­munen und vom Fach­wis­sen unter­schiedlich­er Expert*innen prof­i­tieren. Das Mod­ell­pro­jekt wurde 2019 durch PHI­NEO gemein­sam mit der Ber­tels­mann Stiftung ini­ti­iert, Förder­part­ner­in ist die Beauf­tragte der Bun­desregierung für Migra­tion, Flüchtlinge und Inte­gra­tion. Dem voraus­ge­gan­gen ist das Pilot­pro­jekt Selb­stcheck Weltof­fene Kom­mune“, welch­es von 2017 bis 2019 von der Stiftung Mer­ca­tor gefördert wurde. 

3 Fra­gen an Sam­era Bartsch, Projektleitung:

Was ist das Span­nend­ste am Pro­jekt Weltof­fene Kommune“?

Wir arbeit­en in Weltof­fene Kom­mune eng mit den kom­mu­nalen Akteuren zusam­men, die die kom­mu­nale Inte­gra­tions- und Diver­sität­sar­beit koor­dinieren. Typ­is­cher­weise sind dies die kom­mu­nalen Inte­gra­tions­beauf­tragten, die Leitun­gen des Bere­ichs Par­tizipa­tion oder ver­gle­ich­bare Fach­bere­iche. Ich finde es beein­druck­end und motivierend zu sehen, wie diese Akteure Lust haben, strate­gis­che Verän­derun­gen vor Ort her­beizuführen, Diskurse auch zu unan­genehmen The­men anzus­toßen, visionär über die Ressort­gren­zen hin­wegzu­denken und dabei die ganze Zeit über sehr prag­ma­tisch vorge­hen. Ich erlebe bei den Kom­munen ein großes Inter­esse, die Inte­gra­tions- und Diver­sität­sar­beit auf den Prüf­s­tand zu stellen, die eigene Arbeit kri­tisch zu reflek­tieren und sie weit­erzuen­twick­eln. Die the­ma­tis­chen Schw­er­punk­te, die die Kom­munen jew­eils set­zen, sind abhängig von den Bedin­gun­gen vor Ort sehr unter­schiedlich. Somit ist es in jed­er unser­er Mod­el­lkom­munen aufs Neue span­nend zu ver­fol­gen, welche Reflex­io­nen der Selb­stcheck aus­löst und wie die Kom­mune dies zur Weit­er­en­twick­lung der Inte­gra­tions- und Diver­sität­sar­beit nutzt.

Das größte Learn­ing seit Projektstart?

Kom­munen freuen sich sehr über kri­tis­ches Feed­back! Wir hat­ten anfangs die Sorge, dass eine zu neg­a­tiv aus­fal­l­ende Auswer­tung des Selb­stchecks für die Kom­munen demo­tivierend sein kön­nte und sie dann wom­öglich gar nicht wis­sen, wo sie mit der Weit­er­en­twick­lung der Inte­gra­tions- und Diver­sität­sar­beit als erstes anset­zen sollen. Entsprechend haben wir uns um sehr kon­struk­tive, nach vorne weisende For­mulierun­gen und Botschaften bemüht. Inzwis­chen haben wir mehrfach die Rück­mel­dung von Kom­munen erhal­ten, dass die Auswer­tung der Selb­stein­schätzung gerne noch kri­tis­ch­er aus­fall­en kön­nte – um die Dringlichkeit des Hand­lungs­be­darfs zu unter­stre­ichen und damit sowohl die ver­schiede­nen Fach­bere­iche der Kom­mu­nalver­wal­tung als auch weit­ere Akteure vor Ort für eine kon­tinuier­liche Weit­er­ar­beit am The­ma zu motivieren.

Was war bish­er die schön­ste Rück­mel­dung von ein­er Kommune?

    Beson­ders gefreut hat mich die Rück­mel­dung aus ein­er Kom­mune, dass der Selb­stcheck-Work­shop für mehrere Teil­nehmende der beste Work­shop war, den sie je besucht haben. Her­vorge­hoben haben die Teil­nehmenden dabei, dass sie mit klaren Ergeb­nis­sen aus dem Work­shop her­aus­ge­hen, wis­sen, woran sie weit­er­ar­beit­en und neben einem kri­tis­chen Blick auf die Inte­gra­tionsar­beit vor Ort auch wis­sen, was schon gut läuft. Darüber hin­aus freut mich auch die Rück­mel­dung mehrerer Kom­munen, dass die fach­bere­ich­süber­greifende Bear­beitung des Selb­stcheck-Frage­bo­gens sehr frucht­bare Diskus­sio­nen über Ressort­gren­zen hin­weg angeregt hat und dass es für die antwort­geben­den Per­so­n­en span­nend war, über die Indika­toren einen Gesamtein­druck davon zu erhal­ten, wo sie bere­its gut aufgestellt sind – aber auch davon, was noch alles fehlt. Genau diesen Anstoß möcht­en wir mit dem Selb­stcheck geben und es ist schön zu sehen, wie diese Idee aufgeht. 

    > Alle Infos zum Pro­jekt Weltof­fene Kom­mune gibt es hier

    Die Ini­tia­tive Kom­mune 360° – Kom­mu­nale Pla­nung für Kinder und Fam­i­lien weiterdenken”

    In Deutsch­land gibt es mehr als 150 fam­i­lien­poli­tis­che Leis­tun­gen – den­noch wer­den Fam­i­lien in Risiko­la­gen oft nicht erre­icht oder wirk­sam unter­stützt. Die Ini­tia­tive Kom­mune 360° fragt, wie Kom­munen dazu beitra­gen kön­nen, dass alle Kinder gut aufwach­sen und ihre Zukun­ft gestal­ten kön­nen. Wie gelingt es, inte­gri­ert über Ressort- und Hier­ar­chiebar­ri­eren hin­weg Lösun­gen zu erar­beit­en? Wie kön­nen Kom­munen die Zivilge­sellschaft sowie Kinder und ihren Fam­i­lien auf Augen­höhe beteili­gen? Wie lässt sich das Zusam­men­spiel mit der Poli­tik neu gestal­ten? Wir sind ein Net­zw­erk, das bun­desweit Akteure aus Ver­wal­tung, Poli­tik, Wis­senschaft und Zivilge­sellschaft zusam­men­bringt, um an diesen Fra­gen zu arbeit­en. Denn wir glauben, dass nur im Dia­log pass­ge­naue Lösun­gen entste­hen. Unser Ziel: neuar­tige und prax­is­na­he Unter­stützungsange­bote und Inter­ven­tio­nen entwick­eln, die Kom­munen in dem Wand­lung­sprozess hin zu ein­er neuen Zusam­me­nar­beit stärken. Dazu begleit­en wir 12 Part­nerkom­munen eng, ver­net­zen Kom­munen in For­mat­en wie Bar­camps und Foren und machen uns in der Öffentlichkeit stark für inte­gri­erte Pla­nung. Denn wir sind überzeugt, dass sich mit mehr Pla­nungs- und Koor­di­na­tion­ska­paz­ität die Chan­cen für Kinder verbessern lassen. Die Ini­tia­tive Kom­mune 360° wurde ins Leben gerufen durch die Auridis Stiftung, die Deutsche Kinder- und Jugend­s­tiftung und PHINEO.

    3 Fra­gen an Ben­jamin von der Ahe und Dr. Julia Nast, Projektleitungsteam:

      Was macht Kom­mune 360° so besonders?

      In der Ini­tia­tive Kom­mune 360° gibt es Raum – für neue Ideen, für ver­schiedene Per­spek­tiv­en und Stre­it­ge­spräche, für das Verbinden von Ungewöhn­lichem und fürs gemein­sam um die Ecke denken. Wir wollen nicht ein­fach nur neue Mod­elle für eine bessere inte­gri­erte Pla­nung und Koor­di­na­tion für Kinder und ihre Fam­i­lien entwick­eln – wir wollen ver­ste­hen, was und warum Dinge in der Prax­is nicht funk­tion­ieren, Res­o­nanz schaf­fen und gemein­sam neue Ansätze und Inter­ven­tio­nen erproben. Das ist ein span­nen­der und dynamis­ch­er Prozess – und macht Kom­mune 360° für uns zu einem ganz beson­deren Vorhaben und Arbeitsort. 

      Was war der bish­er schön­ste Moment seit Projektstart? 

      Bei unser­er Auf­tak­tver­anstal­tung im Mai ist es endlich konkret gewor­den. Seit­dem erleben wir, welche Energie entste­ht, wenn span­nende Leute zusam­men kom­men, Gedanken und Erfahrun­gen aus­tauschen. Dabei sind für das Team oft die Ter­mine in den Part­nerkom­munen beson­dere Momente: weil wir da konkret erfahren, welche Hand­lungsspiel­räume und Hin­dernisse es vor Ort gibt, gemein­sam Ansätze entwick­eln und mit neuen Hypothe­sen und Ideen nach Hause fahren. 

      Gab es seit Pro­jek­t­start schon wichtige neue Erkenntnisse? 

        Wir ler­nen in der Arbeit immer wieder etwas, das wir eigentlich schon wis­sen: wie wichtig es in Entwick­lung­sprozessen ist, Schritte zu gehen, die groß genug sind, um die eigene Hand­lungsmo­ti­va­tion lebendig zu hal­ten; und real­is­tisch genug, damit man am Ende nicht gegen Mauern ren­nt und gar nicht voran kommt. Diese Bal­ance immer wieder herzustellen ist eine Her­aus­forderung – für unsere Part­nerkom­munen, die neue Wege in der Jugend­hil­fe­pla­nung erproben genau­so wie für uns selbst. 

        > Alle Infos zum Pro­jekt Kom­mune 360° gibt es hier