Stiftung
Wenig hilft viel
Mal Hand aufs Herz: Sind Sie eine gute Förderpartnerin, ein guter Förderpartner? Fördern Sie so, dass die durch Sie unterstütze Organisation maximal erfolgreich arbeiten kann? Wenn Sie glauben, da ginge mehr, dann versuchen Sie es doch mal mit weniger: weniger Regelungen, weniger Reporting, weniger Projektbindung und weniger Kontrolle.
Corona-Pandemie als Flexibilitäts-Beschleuniger
Die Corona-Pandemie wirbelte quer durch die Zivilgesellschaft Projektpläne und Meilensteinplanungen durcheinander. Gemeinnützige Organisationen konnten ihre Angebote nicht oder nicht wie geplant durchführen. Beispielsweise kam die Arbeit mit Schüler*innen oder Eltern und Lehrer*innen an Schulen in Zeiten von Homeoffice zum Erliegen. Gleichzeitig kamen neue Herausforderungen auf die Zivilgesellschaft zu, etwa durch die Vereinsamung von älteren Menschen. Und bestehende Angebote zur Förderung der seelischen Gesundheit mussten vielfach schnell ausgeweitet werden. Die Veränderungen waren auch möglich, weil Förderpartner*innen wie Stiftungen mitzogen und flexibel förderten.
Nonprofits fordern besseres Fördern
Flexibilität braucht es aber auch jenseits der Krise. So hat das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland jüngst fünf Leitprinzipien für die Förderung Sozialer Innovationen formuliert, die auch von PHINEO unterzeichnet wurden. Gefordert werden beispielsweise schlanke und transparente Bewerbungsverfahren sowie unbürokratische Reporting-Prozesse, die Austausch und Lernen ermöglichen. Ebenso plädieren die Unterzeichner*innen dafür, sich von dem Diktum der 3‑Jahres-Projektförderung zu verabschieden und stattdessen langfristig und auch institutionell zu fördern.
#VertrauenMachtWirkung für zeitgemäßes Stiften
Bewegung kommt auch von Stiftungsseite: Schon seit 2019 setzt sich die von PHINEO mit ins Leben gerufene Stiftungsinitiative #VertrauenMachtWirkung für zeitgemäßes Fördern ein. Eine der insgesamt neun Thesen regt an, mit den Förderorganisationen ins Gespräch zu kommen und genau zuzuhören, was deren eigentliche Bedarfe sind. Statt mehr Projektförderung brauchen Initiativen oder Vereine oftmals eher eine strukturelle Förderung, um ihre Organisationsstrukturen weiter zu entwickeln. Und das hilft am Ende auch einem einzelnen Projekt, denn nur starke und gesunde Organisationen können erstklassige Angebote anbieten.
„Weniger ist mehr” als Werkzeugkasten für moderne Stiftungen
Auch der jüngste Impuls aus der Stiftungswelt zielt unter anderem darauf, Projektbindungen zu lockern oder sogar ganz darauf zu verzichten. Unter Anleitung der Stiftungsinitiative #impulseStiften haben insgesamt 30 Menschen aus der Stiftungswelt in einem co-kreativen Schreibprozess den Leitfaden „Weniger ist mehr“ erarbeitet. Die Publikation zeigt entlang des Förderprozesses – von der Antragsstellung über den Fördervertrag bis zur Förderung mit mehr als Geld –, wie Stiftungen ihre Wirkung über mehr Flexibilität und Vertrauen gegenüber den Förderpartner*innen steigern können. Die einzelnen Kapitel enthalten Tipps, verweisen auf rechtliche Mindestanforderungen und zeigen echte Praxisbeispiele. Auch wir von PHINEO haben unser Know-how als Förderin eingespeist und dabei selbst einiges gelernt. Spannend sind beispielsweise die Erfahrungen einiger Stiftungen mit dem so genannten „Oral Reporting“. Dabei werden ausschließlich mündliche Berichte von den Förderpartner*innen erwartet. Statt viele Stunden in ellenlange schöngefärbte Berichte zu stecken, die oftmals ohnehin eher für die Ablage sind, haben NGOs mehr Zeit für die Projektarbeit. Zugleich stärken die Gespräche das gegenseitige Vertrauen – und Stiftungen erfahren, wie es um das Projekt wirklich bestellt ist.
Ein schönes Beispiel wie, weniger Bürokratie mehr hilft und bewirkt.
Zum Weiterlesen
Für weitere Informationen:
Wiebke Gülcibuk
