Group

SKa­la-CAM­PUS

Uns gibt es nicht zum Selbst­zweck – Oder: Was ist eigent­lich Pur­po­se”?

Anfang Okto­ber spra­chen wir vom SKa­la-CAM­PUS in unse­rer Vir­tu­el­len Kaf­fee­pau­se mit dem Ver­ein KICK­FAIR über das The­ma Pur­po­se“. Eines von vie­len Mode­wor­ten, das wir seit eini­gen Jah­ren immer wie­der hören. Und doch ist oft­mals nicht klar, was Pur­po­se“ eigent­lich bedeu­tet. Scha­de, sagt KICK­FAIR, denn es berei­chert den beruf­li­chen Alltag.

Wer bin ich – wer bist Du – wer sind wir gemein­sam“, das ist das Mot­to des Ver­eins, des­sen Kon­zept an knapp 50 Stand­or­ten in Deutsch­land und welt­weit umge­setzt wird. Ziel ist es, jun­ge Men­schen dar­in zu beglei­ten, Per­spek­ti­ven zu ver­än­dern. KICK­FAIR hat sich inten­siv mit dem eige­nen Sinn und Zweck – dem eige­nen Pur­po­se“ – aus­ein­an­der­ge­setzt. Dabei wur­de deut­lich, dass die­se Aus­ein­an­der­set­zung sich auf alle Berei­che des Arbeits­all­tags aus­wirkt: Team­pro­zes­se, Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lungs­pro­zes­se, die Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur, Part­ner­schaf­ten, all­ge­mei­ne Kon­zep­te sowie Stra­te­gien und auch Fund­rai­sing wer­den durch den Sinn hin­ter der Arbeit beein­flusst. Wir stel­len uns bei allem, was wir tun, immer die Fra­gen: Zah­len wir damit auf den Pur­po­se‘ ein? Errei­chen wir damit das, was wir für sinn­voll hal­ten?“, sag­te Ver­eins­grün­de­rin Stef­fi Bies­ter. Jeder Schritt in der NGO soll zu mehr Chan­cen­gleich­heit und sozia­lem Zusam­men­halt bei­tra­gen. Was dazu nicht bei­trägt, wird nicht gemacht.

Wie kön­nen wir Pur­po­se“ definieren?

Stef­fi Bies­ter und Julia Sand­mann von KICK­FAIR ver­ste­hen unter dem Begriff Pur­po­se“ vor allem den Sinn und Zweck ihres Wir­kens als Non-Pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on. Sich die­sen Sinn immer wie­der zu ver­ge­gen­wär­ti­gen ist ein Pro­zess, der einen wich­ti­gen Ori­en­tie­rungs­rah­men bie­tet. Bei KICK­FAIR gibt es kei­nen fer­ti­gen Regel­ka­ta­log, son­dern eine fort­lau­fen­de Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Pur­po­se“ und allen damit ver­bun­de­nen Pro­zes­sen und Ergeb­nis­sen. Dies zeigt sich nicht nur intern, son­dern auch in der exter­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on. Julia Sand­mann erklär­te: Die­ser Pur­po­se‘ ist für uns eine gro­ße Unter­stüt­zung in Situa­tio­nen, in denen wir uns ent­schei­den müs­sen. Das zeig­te sich jetzt auch wäh­rend der Pan­de­mie wie­der ganz deutlich.“

Dabei ist den bei­den die expli­zi­te Defi­ni­ti­on an sich nicht so wich­tig. Viel­mehr schät­zen sie das ste­ti­ge Rin­gen um den Trei­ber und den Sinn aller Betei­lig­ten, nach wel­chem sie ihr Han­deln ausrichten.

Das Men­schen­bild als Basis

Zunächst ging es dem Team dar­um, zu hin­ter­fra­gen, wie zusam­men­ge­ar­bei­tet wer­den soll, was allen Betei­lig­ten wich­tig ist und was für eine Orga­ni­sa­ti­on sie sein wol­len. Dar­aus ist ein gemein­sa­mer Pro­zess im gesam­ten Team ent­stan­den, aus dem her­aus der Pur­po­se“ ent­wi­ckelt wur­de. The­men wie Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on“, New Work“ und Inner Work“ spiel­ten dabei eine wich­ti­ge Rol­le. Das Ziel bestand dar­in, den eige­nen Weg zu fin­den und eine pas­sen­de Form des Arbei­tens zu ent­wi­ckeln. Klar war aller­dings, dass die­ser Pro­zess nicht line­ar ver­läuft, son­dern eine ste­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung bedeu­tet und nie ganz abge­schlos­sen wer­den kann.

KICK­FAIR geht es dar­um, dass jun­ge Men­schen ler­nen, Ver­ant­wor­tung für sich und ihr Umfeld zu über­neh­men. Das ist unser Men­schen­bild. Wir kom­men also gar nicht dar­um her­um, dies auch auf unse­re Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur zu über­tra­gen. Dar­aus ergab sich, allen Mit­ar­bei­ten­den Ver­trau­en zu schen­ken und Hier­ar­chien auf­zu­bre­chen“, so Julia Sand­mann. Und das zahlt sich aus: Die Fluk­tua­ti­on der Mit­ar­bei­ten­den ist bei KICK­FAIR sehr gering. Die Moti­va­ti­on jedes Ein­zel­nen dafür sehr hoch. Poten­tia­le zu ent­fal­ten, sich per­sön­lich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und aktiv dazu bei­zu­tra­gen, die Gesell­schaft zu ver­än­dern, moti­viert alle im Team.

Wir haben die Erfah­rung gemacht, dass es zunächst gar nicht so sehr auf die Metho­den ankommt, die zu einem Ergeb­nis füh­ren, son­dern viel­mehr auf die Pro­zes­se. Offen­heit, die Bereit­schaft zur Selbst­re­flek­ti­on und der Mut zur eige­nen per­sön­li­chen Ent­wick­lung sind wich­tig und hel­fen bei der Aus­ein­an­der­set­zung als Team und bei der Ent­wick­lung des eige­nen Pur­po­se. Metho­den kön­nen dabei hel­fen. In unse­rem Fall haben sich die für uns rich­ti­gen Metho­den aber erst genau aus die­sem, unse­ren gemein­sa­men Pro­zess erge­ben – nicht umge­kehrt.“, so Stef­fi Biester.

Her­aus­for­de­run­gen bei Part­ner­schaf­ten und im Fundraising

Was nach innen als gemein­sa­mer Pro­zess schnell klapp­te, brach­te in der Kom­mu­ni­ka­ti­on nach außen durch­aus Her­aus­for­de­run­gen mit sich. So ent­schied sich der Ver­ein im Jahr 2015 dafür, kei­ne expli­zi­ten Pro­jek­te für geflüch­te­te Men­schen umzu­set­zen. Stef­fi Bies­ter erzähl­te in der Kaf­fee­pau­se: Wir woll­ten nichts für Flücht­lin­ge machen, son­dern nur mit ihnen. Außer­dem ent­spricht es nicht unse­rem Men­schen­bild, Men­schen auf den Moment der Flucht zu redu­zie­ren. Wir brauch­ten mehr Zeit, um uns mit die­ser The­ma­tik aus­ein­an­der zu set­zen. Das ging man­chen För­dern­den zu lang­sam und sie woll­ten in schnel­le­re Lösun­gen inves­tie­ren.“ Ähn­li­che Erfah­run­gen muss­te der Ver­ein auch die­ses Jahr machen, als der Druck wuchs, Ange­bo­te zu digi­ta­li­sie­ren. KICK­FAIR ent­schied sich mit der Ori­en­tie­rung am eige­nen Pur­po­se“ dage­gen, die eige­nen Ange­bo­te schnell zu digi­ta­li­sie­ren (und damit För­der­mit­tel zu bekom­men) und führt eine Aus­ein­an­der­set­zung dar­über, wo und inwie­fern digi­ta­le Ange­bo­te hel­fen kön­nen, wo sie aber auch bereits bestehen­de Ungleich­hei­ten ver­schär­fen können.

Als Vor­bild vor­an gehen

Die­se kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung und Argu­men­ta­ti­on ent­lang des Pur­po­se brach­te KICK­FAIR viel Bestä­ti­gung und Unter­stüt­zung – sei es von lang­jäh­ri­gen Part­nern oder auch neu­en För­de­rern, die genau der­ar­ti­ge Part­ner­schaf­ten suchen. Selbst­be­wusst und mutig dem eige­nen Pur­po­se“ zu fol­gen, bedeu­tet also auch, eine Vor­bild­funk­ti­on einzunehmen.

Der Weg zum eige­nen Pur­po­se“ bei KICK­FAIR ist also ein Pro­zess auf allen Ebe­nen: Jeder und jede Ein­zel­ne muss sich selbst reflek­tie­ren, das Team reflek­tiert gemein­sam und auch auf Orga­ni­sa­ti­ons­ebe­ne wird ste­tig hin­ter­fragt. Stef­fi Bies­ter fass­te dies wie folgt zusam­men: Uns gibt es nicht zum Selbst­zweck! Wir rich­ten uns stets nach dem Sinn aus. Das ist Arbeit, aber es macht wahn­sin­nig viel Spaß!“