SKala-Initiative konkret
KICKFAIR: Weit mehr als nur Fußball spielen
Was konkret bewirkt die SKala-Initiative? Wie schlägt sich die Förderung im Organisationsalltag nieder? – KICKFAIR unterstützt Kinder und Jugendliche dabei, über den Spaß am Fußballspiel motorische, emotionale und kognitive Kompetenzen zu erlernen und zu stärken.
Die Organisation
Der KICKFAIR e.V. wurde 2007 in Esslingen a.N. gegründet und agiert deutschlandweit. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche, die über das Fußballspiel persönliche und soziale Kompetenzen ausbauen.
KICKFAIR nimmt die individuelle Entwicklung junger Menschen und ihre Lernumgebung in den Blick und nutzt die Lernpotenziale, die das Fußballspielen und das organisatorische Drumherum bieten – vor allem die Auseinandersetzung mit Vielfalt, Werten und Kulturen. Das Konzept fußt auf wissenschaftlichen Methoden, die didaktische wie auch neurobiologische Erkenntnisse berücksichtigen.
Der KICKFAIR e.V. organisiert sich in kollegialer Führung. Hierarchische Strukturen sind durch agile Formen der Zusammenarbeit ersetzt; anstatt auf fest definierte Stellenbeschreibungen vertrauen die Mitarbeiter*innen auf Rollen und flexible Aufgabenfelder.

Ausgangslage
In Deutschland entscheidet die Herkunft über Bildungschancen, was dazu führt, dass sich viele in diesem System als benachteiligt, mindertalentiert und weniger wichtig wahrnehmen. Die Folgen sind Frustration, Angst vor der Zukunft und mangelnder Selbstwert. Das gefährdet die gesunde Entwicklung dieser Kinder und Jugendlichen, und rüttelt dadurch letztlich auch an der Basis unserer offenen, demokratischen und vielfältigen Gemeinschaft.
„Bei Kickfair lernst du dich frei zu machen. Du wirst zu einem aktiven Teil der Gesellschaft!”
Adel Haji, Youth Leader bei KICKFAIR
Fördervorhaben
Das Programm „Fußball Lernen Global” bietet Kindern und Jugendlichen, die von dieser Chancenungleichheit betroffen sind, ein begleitetes Betätigungs- und Lernfeld, in dem sie sich entwickeln und das sie gestalten können.
Das Projekt wird an verschiedenen Standorten in Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendeinrichtungen lokal angepasst und umgesetzt. KICKFAIR bringt Kinder und Jugendliche deutschlandweit in Kontakt und Begegnung – dabei bleiben sie immer selbst die Protagonist*innen der KICKFAIR Aktivitäten an ihren Schulen. Sie organisieren z.B. Spieletreffs, Straßenfußball-AGs oder Pausenligen.
Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen spielen aber nicht nur gemeinsam Fußball. Sie handeln die Regeln vor jedem Spiel selbst aus und besprechen deren Einhaltung nach dem Spiel in der Dialogzone. Fairness und geschossene Tore zählen gleichermaßen. Anstelle von Schiedsrichtern helfen Straßenfußball-Mediator*innen – Jugendliche aus der Zielgruppe selbst – bei Diskussionen auf dem Spielfeld. Mit Bildkarten werden Sprachbarrieren im Spiel überbrückt.
Parallel dazu begleitet KICKFAIR Schulen dabei, „Fußball Lernen Global” bedarfsorientiert in den Schulalltag zu integrieren. Hierbei unterstützt KICKFAIR u.a. Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen durch Entwicklungsgespräche, Qualifizierungsmaßnahmen und didaktische Arbeitsmaterialien.

Wirkungen auf Organisationsebene
KICKFAIR läuft seit Anbeginn und trotz Corona sehr erfolgreich – für ein Projekt, das hauptsächlich auf spielen und Beziehung im analogen Raum fußt, ist das wirklich bemerkenswert. Hierin zeigt sich die Agilität der Organisation und die hohe Motivation der Mitarbeiter*innen.
Während der Pandemie wurden mit den Zielgruppen gemeinsam alternative Formate entwickelt, die sich an den aktuellen Bedingungen orientieren – jedoch ohne die Ausgrenzung durch digitale Formate zu verschärfen. Als besonders sinnvoll erwies sich, von bundesweiten auf lokale Formate auszuweichen, die den Reisebestimmungen der jeweiligen Länder entsprachen.
Parallel dazu hat sich KICKFAIR mit den langfristigen Folgen der Pandemie auseinandergesetzt und zahlreiche Prozesse angestoßen, die diesen Folgen entgegenwirken und das qualitative sowie quantitative Wachstum sichern. Die KICKFAIR academy hat nun effizientere Strukturen, die Kommunikation ist durch die Einstellung einer Fachkraft verstetigt und die Fundraisingziele wurden übertroffen.

Wirkungen auf Projektebene
In 1.800 niedrigschwelligen Straßenfußball-Angeboten, 150 Turnieren und 3 bundesweiten Straßenfußball-Festivals bringt das Projekt Jugendliche in Kontakt und greift diese Erfahrungen dann in 420 Begegnungsworkshops auf.
Dabei wird großer Wert auf das Übernehmen von Ownership gelegt: Viele Jugendliche organisieren selbst Straßenfußball-Turniere und bringen als Mediator*innen Jüngere in einen Dialog über Fairness und gemeinsame Regeln.
Überdies begleitete KICKFAIR 40 Schulen in 720 strukturierten Planungs- und Entwicklungsgesprächen dabei, Lern- und Begegnungsmodule des Projekts bedarfsorientiert in ihre Schulentwicklung zu integrieren. Lehrkräfte wurden darin geschult, wie sie die Aktivitäten in unterrichtliche und außerunterrichtliche Lernsettings integrieren können.
Nur durch die SKala-Förderung war es möglich, die Begegnungskomponenten von „Fußball-Lernen-Global” in alle 40 Standorte zu skalieren.

„Digitale Angebote wären kontraproduktiv!”
Interview mit Julia Sandmann, bei KICKFAIR Expertin für Evaluation, und Aydel Haji, Youth Leader bei KICKFAIR
PHINEO: Was könnt ihr infolge der SKala-Förderung tun, was vorher nicht ging?
Julia Sandmann: Die Förderung wirkt auf zwei Ebenen. Auf Projektebene können wir nun zahlenmäßig noch mehr junge Menschen erreichen und wir können unsere Bewegungsangebote in ganz Deutschland anbieten. Das ist toll, denn Sportangebote wie unseres werden gebraucht, aktuell mehr denn je. Und ohne diese Förderung wäre es nicht möglich gewesen, die KICKFAIR Begegnungsangebote in all unsere Partnerschulen bundesweit nachhaltig zu implementieren. Wahnsinnig wertvoll sind auch die Gelder, die wir für die Organisationsentwicklung bekommen haben. Dadurch konnten wir uns substanziell mit dem Thema Online-Fundraising auseinandersetzen.

PHINEO: Welche Auswirkungen hatte Corona auf euer Angebot?
Julia Sandmann: Die Pandemie hat uns kalt erwischt. Fußball ist analog, und analog war plötzlich nicht mehr. Wir haben gerungen, ob und wie wir unseren Ansatz digitalisieren können. Aus Gesprächen mit den Betreuer*innen und Schulen wurde schnell deutlich, dass digitale Angebote kontraproduktiv wären. Gerade die Kinder und Jugendlichen, die wir mit unserem Ansatz erreichen, hätten wir so noch weiter abgehängt, da es eine strukturelle Ungleichverteilung von digitaler Ausstattung gibt. Eine Digitalisierung unseres Ansatzes würde eine weitere Zugangsbarriere aufbauen, die wir ja nun gerade nicht wollen.
Aydel Haji: Als Betreuer einer Jugend-Orga-Gruppe war es mir wichtig, den Kontakt aufrecht zu halten, den Kids zu signalisieren, dass sie nicht allein sind, dass wir auch weiterhin eine Familie bilden. Im Lockdown war das nicht einfach, mit Einzelnen hab ich mich getroffen, was geht bei euch!?, und andere per Telefon kontaktiert. War keine einfache Zeit, aber wir haben viel versucht.

PHINEO: Wie habt ihr euer Angebot angepasst und wie haben die Kinder reagiert?
Julia Sandmann: Wir haben uns alternative, lockdowntaugliche Spielformen ausgedacht. Hierfür haben wir uns von unseren internationalen Partner*innen Methoden abgeguckt, die auch mit Abstand und unter Hygienebedingungen funktionieren. Da gings dann nicht so sehr um Fußball, sondern vorrangig ums Miteinander, ums Reflektieren der aktuellen Situation. Die Kids haben beispielsweise besprochen, was Klopapier horten mit Fußall zu tun hat, das nahm ganz erstaunliche Wege.
Aydel Haji: Die ersten Begegnungen nach dem Lockdown fanden alle cool, endlich wieder draußen, bisschen Fußball spielen, Spaß haben, wie früher, alle hofften auf Normalität. Und trotzdem war zu spüren, dass die Kids sich nicht ganz frei machen konnten, es gab ein Abwarten, eine Vorsicht, ob das trägt und wie lange. Unsere Kids kommen teils aus schwierigen sozialen Lagen, da spielt es eine Riesenrolle, ob ein Kontakt stattfindet oder nicht. Und wir Betreuer hatten das ja nur bedingt in der Hand. Insofern war es gefühlstechnisch gemischt.
PHINEO: Wie habt ihr die zusätzlichen Mittel aus dem SKala-Zukunftsfonds eingesetzt?
Julia Sandmann: Die Förderung durch den SKala-Zukunftsfonds ermöglicht uns, unser Konzept noch stärker wissenschaftstheoretisch zu fundieren. Hier arbeiten wir jetzt mit der Humboldt-Uni Berlin zusammen. Wir beleuchten Aspekte, auf denen unser Angebot fußt und die Corona wieder hochgespült hat: Woher kommt eigentlich die soziale Ungleichheit, wo liegen die Wurzeln, was kann man tun? Die Förderung aus dem Fonds hilft uns jedenfalls, dass wir deutlich geordneter aus dem Covid-Chaos rausgehen als wir reingegangen sind.
SKala-Förderbereich: Inklusion & Teilhabe | Förderbetrag: insg. ca. 790.000 Euro | Reichweite: regional an 6 Standorten, u.a. Stuttgart
Weitere Informationen zur SKala-Initiative und alle Wirkungsbelege finden sich auch in den Tätigkeitsberichten, hier zum Download:
Resultate & Wirkungen

Abschlussbericht SKala-Initiative 2022
Alles Wissenswerte zu SKala in der Zusammenfassung

Tätigkeitsbericht SKala-Initiative 2020
Große Wirkungen (und Corona)

Tätigkeitsbericht SKala-Initiative 2021
Wirkungsbelege en gros (und immer noch Corona)

Tätigkeitsbericht SKala-Initiative 2019
Halbzeit bei SKala. Erkenntnisse & Erfolge